Samen für die Winterküche
Es ist wieder an der Zeit, die Vorräte für die kalte Jahreszeit aufzufüllen. Vom 15. August bis zum 8. September dauert der so genannte „Frauendreiziger“, die Hauptsammelzeit für Kräuter, Wurzeln und Früchte. Eine gute Freundin unseres Hauses, die Brennnessel, biegt sich gerade unter dem Gewicht ihrer Samen. Zum Glück ist sie auch nicht allzu schwer zu finden – so auch am Wegesrand rund um unseren Garten.
Wo will man anfangen, um die vielfältigen Wirkungen der Brennessel zu beschreiben? Und wo aufhören?
Die Brennnessel wirkt blutreinigend, entgiftend und harntreibend. Ihre Samen sind äußerst proteinreich und enthalten Linolsäure sowie Mineralien wie Kalium, Eisen und Kalzium. Hinzu kommen die Vitamine A, B, C und E. Aufgrund Ihrer anregenden Wirkung sind sie auch als natürliches Aprodisiakum bekannt. Männer in der zweiten Hälfte des Lebens schätzen eine Tinktur aus ihrer Wurzel zur Linderung von Prostata-Beschwerden.
Brennnesseln sind zweihäusige Pflanzen. Gesammelt werden die Samen der weibliche Exemplare, die man daran erkennt, dass die Samenfäden mit den schweren Nüsschenketten nach unten hängen. Bei männlichen Pflanzen stehen die Fäden mit dem Blütenstaub zur Seite ab.
Bleibt die Frage der Erntetechnik.
Natürlich kann man sich mit Handschuhen schützen, eine Schere benutzen oder bemüht vorsichtig sein, um die Brennhaare nicht zu verletzen. Eine andere Methode besagt, beim Pflücken von unten nach oben über den Stiel zu streichen. Da die Brennhaare nach oben hin abstehen, entgeht man so dem Stich und kann die Pflanze vor der Weiterverarbeitung trocknen. Getrocknet brennt sie nämlich nicht mehr.
Wer sich jedoch überwinden kann, den Stich zuzulassen, wird von der wehrhaften Pflanze abermals belohnt. Die Reizung kurbelt die Durchblutung von Haut und tieferliegenden Gewebeschichten an. Sogar Gelenkerkrankungen stehen auf der heilerischen To-Do-Liste der Brennnessel. Da lohnt sich doch ein Versuch.
Zum Trocknen kommen die Samen zuerst auf einen Teller und werden mehrmals am Tag gewendet, bis sie entgültig trocken sind. Wäre doch zu schade, wenn die Ernte zu feucht verpackt wird und im verschlossenen Glas schimmelt.
Und dann heißt es „Guten Appetit!“ Bei uns landet in fast jedem Gericht eine Handvoll der nussig schmeckenden Samen. Immer kleiner wird der Vorrat in der dunklen Hälfte des Jahres. Hoffentlich langt er auch in diesem Jahr bis zu dem Zeitpunkt im Frühjahr, bis die Brennnessel mit saftigen Trieben, neuen wieder ausschlägt.